Forschungsprojekt Ameise Automatisierter Linienbus im öffentlichen Personennahverkehr

Prof. Dr. Ralf Wörner arbeitet mit seinem Team vom Institut für Automobilmanagement (IAM) und vielen Partnern (siehe unten im Text) in Waiblingen im Rems-Murr-Kreis am Automatisierten Fahren im ÖPNV. Dort wird in einem Reallabor der Einsatz von Bussen im öffentlichen Nahverkehr getestet und untersucht.

Ziele und Herangehensweise

Das Ziel des Forschungsprojektes im Bereich „Ameisenbühl“ in Waiblingen ist die Entwicklung und Erforschung von hochautomatisierten, emissionsfrei angetriebenen Fahrzeugen der Fahrzeugklasse M2 (Kleinbusse) zur Personenbeförderung im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Beforschung findet ganzheitlich statt und beinhaltet die Integration innovativer Verkehrsinfrastrukturkonzepte, deren Einbindung in den Betriebsablauf des ÖPNV im innenstädtischen Raum sowie den Einbezug lokaler Stakeholder. Unter Berücksichtigung von Inklusion wird den besonderen Bedürfnissen eingeschränkter Personengruppen dabei gesonderte Beachtung geschenkt.

Das Reallabor bietet darüber hinaus die Möglichkeit, in einem dialogorientierten Prozess die Öffentlichkeit im genannten Zeitraum mit einem neuen Mobilitätsangebot zunehmend vertraut zu machen und damit mögliche Hemmschwellen und Akzeptanzdefizite abzubauen. Die Erkenntnisse aus solchen Prozessen können aufgrund ihrer grundsätzlichen Übertragbarkeit vergleichbare Mobilitätskonzepte an anderen Orten positiv unterstützen.Dies gilt insbesondere im autonomen ÖPNV, da die Mehrwerte für die Bevölkerung erlebbar gemacht werden.

Eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit automatisierter ÖV-Transporte findet unter dem Gesichtspunkt verkehrsökonometrischer Bewertungen statt. Der Einsatz von autonomen und (hoch-)automatisierten Fahrzeugen birgt derweil noch große Herausforderungen: Dies ist sowohl in der bestehenden Infrastruktur als auch im bisherigen Stand der Technik begründet. Beide Faktoren befinden sich derzeit noch im Aufbau/in der Anfangsphase. Im Rahmen dieses Projektes gilt es, das autonome bzw. (hoch-)automatisierte Fahrsystem, insbesondere von Seiten der Straßeninfrastruktur, zu analysieren sowie stufenweise zu verbessern. Die Entwicklung und der Aufbau eines autonomen/(hoch-)automatisierten ÖPNV ist ohne die Entwicklung und den Aufbau eines ganzheitlichen „Ökosystems“ nicht möglich, weshalb das Forschungsprojekt Ameise an diesem Punkt ansetzt und das Ziel verfolgt, Erkenntnisse und Ansatzpunkte diesbezüglich zum Vorschein zu bringen.

 

Media und Links

Weitere Informationen und Videos finden Sie unter den folgenden Links:

Kurzvideo Simulation autonomes Fahren "Apollo"

Kurzvideo Simulation Cartograph Trim

Stadt Waiblingen Infoseite

Forschungsprojektverbund AMEISE

Youtube-Video AMEISE in Waiblingen

 

Details zum Projekt und den Projektphasen

  • Das Industrieforschungsprojekt „Reallabor Ameise“ soll im Jahr 2021 in Betrieb genommen werden.
  • Die geplante Projektlaufzeit beträgt drei Jahre.
  • Insgesamt ist für die automatisierte Buslinie in Waiblingen eine Betriebsdauer von bis zu sieben Jahren vorgesehen. Dazu sollen im Halbstundentakt zwei Fahrzeuge eine ca. 2 km lange Strecke mit (zunächst) zwei geplanten Bushaltestellen im Linienbetrieb befahren.
  • Die Strecke soll den Bedarf einer Buslinie, vom S-Bahnhof Waiblingen zum Berufsbildungswerk (BBW), bedienen und eine Personenbeförderungskapazität von mind. 6 Passagieren aufweisen.

Die Bestandteile der ersten Projektphase umfassen unter anderem den notwendigen Ausbau der Infrastruktur (Markierung, Beschilderung, Absicherung, Digitale Anbindung nach ITS-G5 Standard), die Erforschung und Spezifizierung von geeigneten Umfelderfassungssystemen (infrastrukturell) sowie deren Einbindung und die Einrichtung eines 5G-Mobilfunknetzes. Der planmäßige Ansatz für das Reallabor sieht transparente soziotechnische Innovationsprozesse vor, bei denen die ÖPNV-Nutzer, die relevanten Akteure des Wertschöpfungsnetzwerks sowie weitere, im Nutzungsumfeld relevante Akteure, die Entwicklung und Anwendung von neuen Produkten, Dienstleistungen und Systemlösungen mitgestalten. Hier wird somit ein interaktiver und iterativer Innovationsprozess in einer realen Umgebung stattfinden, wobei die unterschiedlichen Perspektiven von Kommune, Wissenschaft und Praxis integriert werden. Dabei wird ein besonderes Augenmerk in der Weiterentwicklung des Berufsbildes von Fahrerinnen und Fahrer im ÖPNV liegen.

Auswahl der Partner

Im Rahmen der Fahrzeugstrategie für die Innovationsplattform werden drei potentielle Fahrzeuganbieter berücksichtigt und die Vergabe untersucht. Hierbei wird zunächst der Aachener Automobilhersteller e.GO Moove bevorzugt, bei dem in einem ersten Schritt ein L0 (nach SAE j3016) Bus der M2-Klasse (People Mover) beschafft und mit autonomer Sensorik ausgestattet wird. Auf Basis der passiven Umfelderfassung, bei der zunächst verstanden werden soll, welche Schwierigkeiten entstehen können, soll eine Machbarkeitsstudie für einen L4-Betrieb (nach SAE j3016) für den vollständigen Streckenverlauf entstehen.
Sofern die Liefertermine nicht eingehalten werden können (von Fa. e.GOMoove), haben im Vorhinein bereits Verhandlungen mit der Firma EasyMile stattgefunden, um einen L4 Betrieb zu gewährleisten. Dies würde jedoch Einbußen in Durchschnittsgeschwindigkeit und Personenbeförderungszahl bedeuten.
In letzter Instanz besteht gegebenenfalls die Möglichkeit durch einen der Industriepartner (OVR) auf Fahrzeuge der Transdev Gesellschaft (Typ: I-Cristal) zurückzugreifen, die sich gegenwärtig aber noch in der Prototypenphase befinden.

Die Zweite Projektphase beginnt nun!

Im Oktober 2021 hat das Verkehrsministerium den Förderbescheid in Höhe von knapp 750.000 Euro übersandt. Im zweiten Projektabschnitt soll erforscht werden, wie sich hochautomatisiertes Fahren auf das Busverkehrsangebot und die Akzeptanz auswirken kann, um somit einen Beitrag zu klimafreundlicher und bezahlbarer Mobilität zu leisten.

Minister Hermann: „Ich freue mich sehr, dass die Hochschule für Technik Esslingen in die zweite Phase einsteigt. Die im Projekt AMEISE verankerten, für das Land sehr wichtigen Ziele des Wirtschaftlichkeitsnachweises und der Nutzergruppen des Schülerverkehrs sowie der mobilitätseingeschränkten Personen sind für die Akzeptanz der Technologie besonders wichtig.“

In dem Vorhaben sollen wichtige Größen bzgl. verkehrlicher Auswirkungen des hochautomatisierten Fahrens untersucht werden. Dabei geht es um Weiterentwicklung der Straßeninfrastruktur, Datenverarbeitung, Kostenermittlung und Wirtschaftlichkeitsberechnung. Aufbauend auf den Vorarbeiten der Phase 1, welche die Einrichtung eines Elektrobusses sowie der Streckeninfrastruktur im Standard-Betrieb als Hauptziel hatte, soll ab Oktober 2021 mit der Einrichtung eines automatisierten Busses begonnen werden, welcher dann geplant ab Sommer 2022 im Gewerbegebiet Ameisenbühl im Sinn eines realen Labors auf der Straße erprobt werden soll. Hier soll der Fahrzeugführer nur noch im Notfall eingreifen müssen.

Aufbau und Betrieb einer autonomen Buslinie im Nahverkehr

Projektleiter Prof. Dr. Ralf Wörner bedankte sich für den Förderbescheid: „Die Unterstützung durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg und des Verbandes Region Stuttgart stellen einen wichtigen Beitrag dar, um die Ziele des Industriekonsortiums zum Aufbau und Betrieb einer beispielhaften autonomen Buslinie im Nahverkehr zu verwirklichen.“

Wenn ein flächendeckendes Angebot im ÖPNV geschaffen werden kann, verbessern sich generell die Erreichbarkeit sowie Verfügbarkeit für Fahrgäste. Autonomes Fahren kann in Randzeiten, z.B. in den frühen und späten Tagesstunden, die Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit des ÖPNV in ersten Schritten ergänzen und die sogenannte „letzte Meile“, z.B. vom Bahnhof bis nach Hause, verbessern. Im Endzustand ist ein 24-Stunden/7-Tage-Angebot von Haus zu Haus in kleinen Bussen mit deutlichem Abbau von Staus auf Straßen und Ersparnis von Parkplätzen erzielbar.

Der Verband Region Stuttgart (VRS) unterstützt die Phase 2 mit bis zu 250.000 Euro aus den Mitteln seines Programms „Modellregion für nachhaltige Mobilität“. „Das Projekt hat einen hohen Innovationsgrad und ermöglicht die Übertragung auf vergleichbare Standorte und Routen hier in der Region“, begründete Dr. Nicola Schelling, Regionaldirektorin des Verbands Region Stuttgart, die Beteiligung: „Autonomes Fahren ist schon viele Jahre im Fokus der Region. Gerade das Vorzeigeprojekt „AMEISE“ hat das Potenzial ÖPNV-Angebote zu ergänzen und so weitläufige Gebiete anzubinden und effizient zu erschließen.“

 

Hier einige beispielhafte Pressemitteilungen zu dieser Neuentwicklung:

Pressemeldung #1

Pressemeldung #2

Pressemeldung #3

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